Wenn 2 und 2 fünf ist: Wechselwirkung von Medikamenten

 width=Nasenspray und Hustensaft, das geht ja noch: Die Wirkweisen sind aus pharmakologischer Sicht recht einfach, und ohnehin lassen sich zwei Wirkstoffe meist so prüfen, dass man das Interaktionspotential, also die gegenseitige Beeinflussung überblickt. Bei mehr Wirkstoffen aber wird es komplizierter, es schleichen sich Grauzonen ein, d.h. man weiß nicht wirklich, wie sie sich gegenseitig in ihrer Wirkung verstärken, verändern oder abschwächen. Problematisch werden Wechselwirkungen oft bei chronisch Kranken oder bei älteren Patienten – denn beide Gruppen nehmen oft viele verschiedene Mittel gleichzeitig ein. Durchschnittlich 7,8 verschiedene Präparate nimmt ein älterer Patient pro Tag in Tablettenform zu sich, wenn er in einer Klinik ist. 5,6 sind es bei Älteren, die zuhause wohnen. Die parallele Medikation mit einem Faktor 5 oder höher aber kann Folgen haben, zumal viele Medikamente auch noch mehrere Wirkstoffe beinhalten.

Generelle Wechselwirkungen

Wechselwirkungen kommen immer dann zustande, wenn mehrere Arzneimittel nebeneinander genommen werden. Dann können sich die einzelnen Medikamente beeinflussen, so dass die Wirksamkeit entweder geringer oder stärker wird, Unverträglichkeiten ansteigen und die Nebenwirkungen sich addieren. Insgesamt potenzieren sich die möglichen Wechselwirkungen überproportional, je mehr Arzneimittel ein Patient einnimmt. Mitunter werden die Symptome der Neben- oder Wechselwirkungen nicht als solche erkannt, sondern es wird eine neue Krankheit diagnostiziert, an der der Patient angeblich erkrankt ist – mit der Folge, dass wiederum Medikamente verordnet werden. Ein guter (und über die Medikation des Patienten gut informierter) Arzt wird nach der Devise verordnen: Soviel wie nötig, so wenig wie möglich. 

Verschriebene Medikamente und selbst gekaufte

Der Arzneimittelmarkt bietet heute verschriebene, also rezeptpflichtige Arzneimittel an und solche, die frei verkäuflich, aber keineswegs harmlos sind und die man ohne Rezept direkt in der Apotheke kaufen kann. Vor allem ältere Patienten nehmen oft Medikamente aus beiden Gruppen gleichzeitig. 
Auf dem deutschen Arzneimittelmarkt werden zur Zeit etwa 1,55 Mrd Packungen jährlich verkauft, jeder Bundesbürger kauft im Schnitt 20 Packungen Arzneimittel im Jahr. Fast die Hälfte, dieser Menge (45 Prozent) sind Mittel ohne Rezept. Bei gleichzeitiger Einnahme von vom Arzt verschriebenen Mitteln sollte man mit solchen rezeptfreien Arzneien also vorsichtig sein und mit dem Arzt oder Apotheker absprechen. Entscheidend ist, dass man die Interaktionen auch wirklich berücksichtigt. Und das bedeutet erstmal, dass der Arzt sie kennt. Wenn man nicht darauf achtet, dass Wechselwirkungen entstehen können, dann können sich Probleme verschlimmern oder neue entstehen. Oft sind auch Medikamente verschiedener Hersteller für Wechselwirkungen verantwortlich, doch dafür gibt es keine systematische Forschung. Zumindest zeigt eine Studie aus einem englischen Alten- und Pflegeheim, dass ältere Menschen, die sechs bis acht Arzneimittel mit jeweils einem oder mehreren Wirkstoffen einnehmen, in 50 bis 80 Prozent der Fälle mit erheblichen Wechselwirkungen rechnen müssen.

Wechselwirkungs-Check (Interaktions-Check)

Der Arzt ist der erste Ansprechpartner, aber natürlich kann man auch in der Apotheke beim Kauf oder Abholen von Medikamenten und anderen Mitteln nachfragen, ob Wechselwirkungen auftreten können und was man bei der Einnahme beachten sollte. Viele Apotheken prüfen bereits bei ihren Stammkunden, wenn diese schriftlich eingewilligt haben, ob sich deren Medikamente gegenseitig verstärken, verringern oder sogar aufheben – zu diesem Zweck nutzen sie bestimmte Datenbanken. Außerdem fragen Apotheker immer öfter nach, ob Kunden zusätzlich noch andere Medikamente oder Nahrungsergänzungsmittel nehmen, für die sie kein Rezept vom Arzt haben, denn auch diese können die Wirkung der Arzneimittel beeinflussen. 

Tipps für Patienten

> Sich selbst ehrlich eingestehen, was Probleme bereitet, wo es im Alltag gesundheitliche Einschränkungen gibt.
> Auf eindeutigen Diagnosen bestehen.
> Dem Arzt ehrlich erzählen, welche Medikamente man nimmt. Auch über Tabletten reden, für die man kein Rezept braucht wie z.B. Schmerzmittel.
> Den Arzt fragen, ob er sich in Geriatrie fortgebildet hat, damit er die Besonderheiten bei der Therapie älterer Patienten auch wirklich kennt.
> Immer mit dem Arzt sprechen
> Medikamente nicht einfach selbst weglassen, sondern immer in Absprache mit dem Arzt reduzieren oder wechseln!