Wahrheit oder nicht? Der Erkältungsmythen-Check

 width=Beim Thema Erkältung sind wir umgeben von Experten: Oma setzt auf Orangensaft, Tante Heidi rät zu Hühnersuppe und Nachbar Siegfried setzt auf Sauna. Und auch die Ermahnungen von früher klingen uns manchmal noch leise in den Ohren: Setz die Mütze auf, mach den Mund beim Atmen zu oder nicht die Nase hochziehen, das haben wir alle schon gehört. Auch wenn die Ratschläge sicher gut gemeint waren, ist da wirklich etwas dran? Die bekanntesten Erkältungsmythen haben wir uns einmal näher angeschaut – hier erfahren Sie, was eher richtig ist und welche Tipps man besser ignorieren sollte.

Erkältung kommt von Kälte

Im Winter mit nassen Haaren vor die Tür zu gehen oder frierend vom Herbstspaziergang nach Hause zu kommen, galt lange Zeit als sicheres Mittel, sich eine Erkältung einzufangen. Klingt erstmal logisch, ganz so einfach ist es aber nicht. Richtig daran ist, dass Kälte unsere Immunabwehr schwächen kann. Krankheitserreger, die Erkältungen hervorrufen – in den meisten Fällen Viren – haben leichteres Spiel, wenn uns kalt ist. Auslöser der Infektion bleibt aber dennoch der Erreger, den man sich von anderen einfängt. Zugespitzt heißt das, dass man alleine im Wald vor sich hin frieren kann, was sicher weder angenehm noch gesund ist – eine Erkältung bekommt man allein davon jedoch nicht.

Orangen schützen vor Erkältung

Orangen enthalten viel wertvolles Vitamin C. Das wiederum erfüllt verschiedene Schutzfunktionen im Körper. Nehmen wir nicht ausreichend Vitamin C zu uns, wird das Immunsystem geschwächt. Durch Stress und eine einseitige, nährstoffarme Ernährung kann der Bedarf unter Umständen nicht gedeckt werden. In diesen Fällen kann es tatsächlich sinnvoll sein, die Versorgung mit Vitamin C und damit auch das Immunsystem mit einem Nahrungsergänzungsmittel zu unterstützen. Im Normalfall reicht eine ausgewogene Ernährung aber aus, unseren Bedarf an Vitamin C zu decken – und alles darüber hinaus wird vom Körper sowieso wieder ausgeschieden. Vom Orangen-Essen sollte das aber niemanden abhalten, denn gesund sind sie trotzdem.

Die Nase nicht hochziehen

Kinder werden häufig dazu ermahnt, ein Taschentuch zu benutzen, anstatt das Nasensekret geräuschvoll in der Nase hochzuziehen. Häufig schnäuzen die Kleinen dann mit aller Kraft in das Tuch – das ist jedoch alles andere als sinnvoll. Durch den hohen Druck, der beim Naseschnäuzen entsteht, können die Krankheitserreger in die Stirn- und Nasennebenhöhlen gepresst werden und dort Entzündungen verursachen. Außerdem werden auf Dauer die Nasenschleimhäute strapaziert, die austrocknen und dadurch einreißen können. Also: Nase hochziehen ist medizinischer Sicht ausdrücklich erlaubt! Wem das dennoch zu unappetitlich ist, der sollte sanft ein Nasenloch nach dem anderen ausblasen. Übrigens: Ein benutztes Taschentuch sollte man dann sofort entsorgen – denn die im Nasensekret enthaltenen Erkältungsviren können vom Taschentuch auf die Hand übergehen und andere Menschen anstecken.

Küssen ist gut für das Immunsystem

Das stimmt leider nicht ganz. Richtig ist: Beim Küssen werden durch den ansteigenden Puls Glückshormone wie Serotonin, Dopamin und Adrenalin ausgeschüttet. Und die unterstützen das Immunsystem. Richtig ist aber auch: Die hoch ansteckenden Erkältungsviren werden durch Tröpfcheninfektion übertragen. Wenn wir unsere Liebsten küssen, ist es also ziemlich wahrscheinlich, dass wir sie mit unserer Erkältung anstecken. Das kennen besonders Familien mit Kindern, in denen nach der ersten Erkältung eines Familienmitglieds bald alle flachliegen.

Beim Niesen die Hand vor den Mund halten

Weil Mama uns immer dazu ermahnt hat, halten wir auch heute noch beim Niesen oder Husten die Hand vor den Mund. Dabei ist das der sicherste Weg, andere anzustecken und erreicht in der aktuellen Corona-Lage natürlich noch einmal ein neues Level an Brisanz. Die im Nasensekret und Speichel enthaltenen Erkältungsviren gelangen so beim Niesen auf die Hände. Wäscht man sie dann nicht direkt im Anschluss, berühren sie z. B. Türklinken, Kaffeemaschinen oder andere Hände und verbreiten so die Krankheitserreger. Besser ist: In die Armbeuge niesen oder husten, notfalls auch ins Taschentuch – dann aber wiederum ans Händewaschen denken!

Viel Trinken hilft bei Erkältung

Trinken, trinken, trinken – so lautet ein gut gemeinter Ratschlag bei Erkältungen. Und da ist durchaus etwas dran: Die Erkältung verschwindet dadurch zwar nicht schneller, aber die Erkältungssymptome werden gelindert. Ob Hühnersuppe, heiße Milch mit Honig, Ingwertee oder ein Aufguss mit Kamille – die Wärme tut Rachen und Körper gut. Bei Husten empfiehlt sich beispielsweise ein Thymian-Sud, der den Schleim löst, bei Fieber ein temperatursenkender Aufguss mit Lindenblüten oder Holunder. Trotzdem sollte man nur so viel trinken, wie es dem Durstgefühl entspricht.

Kein Stress

Manchmal aber erwischt uns die Erkältung trotz aller Vorsicht nun mal doch – und nicht selten in oder direkt nach beruflich oder privat herausfordernden Phasen. Denn anhaltender Stress schwächt das Immunsystem, unbekannte oder besonders aggressive Krankheitserreger können dann nicht mehr erfolgreich bekämpft werden. Besonders, wenn die Erkältung schon da ist, ist deshalb Ruhe angesagt. Wer schniefend und hustend sein normales Tagespensum im gewohnten Galopp absolviert, braucht meist länger, um gesund zu werden, und manchmal verschlimmert sich die eigentlich harmlose Erkrankung auch. Ein oder zwei Tage Ruhe sind tatsächlich fast die beste Medizin.

Bewegung – in Maßen

Auch Sport ist in gewisser Hinsicht Stress für den Körper. Durch die zusätzliche Beanspruchung kann die Genesung verzögert werden. Wenn sich eine Erkältung anbahnt oder wir bereits erkrankt sind, sollten wir bis zum Abklingen des Infekts auf Sport verzichten. Schonung bedeutet aber nicht zwangsläufig auch Bettruhe. Wenn Sie sich müde und schlapp fühlen oder gar Fieber haben, sollten Sie sich viel Schlaf und Erholung gönnen. Fühlen Sie sich hingegen ausgeruht, aber die Nase läuft und der Hals kratzt noch, ist ein Spaziergang an der frischen Luft oft wohltuender.