Nicht schön, aber besser als das andere: Erkältung 2021

 width=Es kommt uns bekannt vor: Abgesagte Weihnachtsmärkte, geschlossene Bars – Corona vermasselt uns mal wieder die schöne Glitzerzeit vor Weihnachten. Aber das ist noch nicht alles: Auch die Erkältungssaison nimmt an Fahrt auf, und da helfen Impfungen wenig. Andererseits ist eine Erkältung im Winter in unseren Breiten ja der Normalfall und nach ein paar Tagen Schniefen wieder vorbei. Deshalb wird die Diagnose „Erkältung“ (bzw. grippaler Infekt) zur Zeit wohl eher Erleichterung auslösen. Beim Thema Erkältung gibt es allerdings jede Menge Mythen, einige hilfreich, andere eher nicht – hier deshalb ein paar Fakten:

Erkältung kommt nicht von Kälte

Klingt richtig, ist es aber aus medizinischer Sicht nicht so ganz. Krank machen allein die Erreger und nicht die Temperaturen. Insgesamt sind über 200 Erkältungsviren bekannt, die allerdings in ihrem Wirken durch niedrige Temperaturen begünstigt werden – so ganz falsch ist der Name daher nicht. Bei einer Körpertemperatur von rund 37 Grad Celsius nämlich funktioniert unsere Abwehr am besten. Und wenn es draußen Minusgrade hat, versucht unser Körper diese Idealtemperatur zu halten und sicherzustellen, dass die lebenswichtigen Organe nicht auskühlen.

Diese intelli­gente Temperaturregulation hat jedoch einen Haken: Bei niedriger Außen­temperatur ziehen sich die Gefäße an der Körperoberfläche zusammen und werden schlechter durchblutet – die Viren haben so ein leichteres Spiel, durch die Schleimhäute in den Körper zu gelangen. Deshalb ist es auch besser, sich im Winter warm anzuziehen.

Hochziehen ist besser als ­Schnäuzen

Vermutlich machen die Kleinsten in­tuitiv alles richtig: Denn wenn der Schleim mit der Nase hochgezogen wird, gelangt er in den Rachen und durchs Schlucken letztlich in den Magen. Dort macht die Magensäure die Erreger im Nu unschädlich. Beim Schnäuzen, so wird hingegen vermutet, verteilen sich durch den dabei entstehenden Unterdruck die Keime auch in die Nebenhöhlen und im Mittelohr, wo sie erstmal sicher sind vor der Immunabwehr. Hochziehen zeugt sicher nicht von guten Manieren, ist aber im Zweifelsfall ständigem Schnäuzen vorzuziehen. Viel Schnupfen bedeutet ein entgegen landläufiger Meinung kein schwaches Immunsystem – davon ging man bis vor wenigen Jahren allerdings aus. Neuere Erkenntnisse deuten jedoch auf das Gegenteil hin: Wenn der Körper mit Schnupfen und Husten auf Erkältungsviren reagiert, dann tut er das, weil er die Eindringlinge so schnell wie möglich wieder los­werden will. Das Immunsystem leistet also ganze Arbeit. Und das ist ein gutes Zeichen.

Kein Antibiotikum bei gelbgrünem Schleim

Das ist ein weit verbreiteter Irrtum und gleich doppelt falsch. Dahinter steckt nämlich die Vermutung, dass es sich bei gelbgrünem Schleim um Eiter, also um Bakterien, handelt und dass ein Antibiotikum Bakterien effektiv bekämpfen kann. Letzteres stimmt zwar, aber insgesamt ist diese Idee ein großes Missverständnis. Denn: mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wird eine Erkältung durch ­Viren verursacht. Gegen die sind Antibiotika völlig wirkungslos. Nur die körper­eigene Abwehr hat da eine Chance. Und die ist zugleich auch hauptsächlich für die gelbgrüne Färbung des Schleims verantwortlich. Der enthält nämlich überwiegend eben jene Abwehrzellen, die gegen die Viren angetreten sind und sie bekämpft haben.

Hinzu kommen die abgetöteten Erreger, alte Zellen der Nasenschleimhaut und Enzyme. Es gibt jedoch eine seltene Ausnahme: wenn es sich um eine sogenannte Superinfektion handelt. Die ist aber nicht super. Denn dann hat sich der Körper während einer Erkältung (Viren) auch noch mit Bakterien infiziert. Ob es sich aber um eine solche Doppelinfek­tion handelt, kann nur der Arzt feststellen.

Stofftaschentücher unhygienischer als Papiertücher

Das kommt darauf an. Wenn man bei Schnupfen ein Papiertaschentuch mehrmals verwendet, was in der Praxis wohl passiert, ist das so unhygienisch wie ein Stofftaschentuch, das mehrmals verwendet wird. Aus medizinischer Sicht hat ein Taschentuch eine Lebensdauer von exakt einmal schnäuzen. Ob Stoff oder Papier. Alles andere ist unhygienisch. Außerdem: Benutzte Taschentücher besser sofort entsorgen. Macht man das nicht, sind die Taschentücher für Viren nämlich nur eine kurze Zwischenstation auf der Reise über die Hände zum nächsten Körper.

Drei Tage kommt sie, drei Tage steht sie, drei Tage geht sie

Das ist absolut richtig. Eine Erkältung hält insgesamt etwa neun Tage an – mit oder ohne Medika­mente. Denn bis heute gibt es tatsächlich keinen einzigen Wirkstoff, der nachgewiesen vor Erkältungen schützt. Das liegt wiederum an den über 200 Erkältungsviren. Einen Impfstoff gegen all diese Erreger zu entwickeln, ist nach aktuellem Stand der Wissenschaft schier unmöglich. Oder mit anderen Worten: einfach unfassbar teuer.

Milch bei Erkältung

Dass Milch die Schleimbildung anregt, glaubte schon Oma zu wissen. Bei einer Erkältung wäre dann ja aber alles nur noch schlimmer. Klingt plausibel, ist aber nicht so. Richtig ist, dass sich Milch im Mund schleimig anfühlt. Das liegt an ihrem Fett­gehalt und hat nichts mit der Schleimbildung an sich zu tun. Die Milch kommt auf dem Weg durch die Speiseröhre in den Magen nicht einmal mit den schleimbildenden Zellen der Atemwege in Kontakt. Dass sie sich im Mund schleimig anfühlt, ist sogar ganz nützlich. Denn so kann sie die ­Beschwerden im Hals lindern. Gibt man in warme Milch noch etwas Honig – aber erst bei Kindern ab einem Jahr! –, dann können dessen entzündungshemmende Stoffe ebenfalls zur Linderung beitragen.

Händewaschen schützt

Genau so und nicht anders ist es. Denn im Schnitt berühren unsere Hände bis zu 16 Mal in der Stunde das Gesicht. Als ob es ein natürlicher Reflex wäre. Die meisten Erreger gelangen über die Schleimhäute in Augen und Nase in den Körper. Und nicht, weil jemand in Bus oder U-Bahn neben einem niest oder hustet und man die Erreger einatmet. Händewaschen ist deshalb ein wirklich wirksamer Schutz gegen eine Erkältung: 20 bis 30 Sekunden die Hände mit Seife waschen, mehrmals täglich und besonders vor dem Zubereiten von Speisen, vor dem Essen oder bei der Ankunft bei der Arbeit oder zu Hause.